Bonding

Die Mutter-Kind-Beziehung ist die wichtigste Beziehung in unserem Leben und hat Einfluss auf alle weiteren Beziehungen. Das Hormon Oxytocin, das "Liebeshormon", versetzt die Mutter in die Lage, sich in ihren Säugling so richtig zu verlieben. Bonding beginnt früh, eigentlich schon bei dem Gedanken einmal ein Kind zu haben, wird eine Beziehung aufgebaut. Es geht dann weiter mit dem Planen der Schwangerschaft und in dem Moment, in dem das Schwanger sein bestätigt und akzeptiert ist, entsteht Bindung. Weiter vertieft wird sie mit dem Spüren der ersten Kindsbewegungen, der Wahrnehmung des Kindes als separates Einzelwesen, mit der Erfahrung der Wehen. Die Geburt, das „Zur-Welt-Bringen“, das Erblicken des Neugeborenen, das Berühren des Neugeborenen und das Sorgen für das Neugeborene sind tiefe Bindungsprinzipien und so kann der Säugling als eigenständiges Individuum in die Familie aufgenommen werden (nach Klaus, Kenell und Klaus 1997).

Es ist wichtig, dass diese Bindungserfahrung ein tiefes Fundament bildet. In der Schwangerschaft und in den ersten zwei Lebensjahren entsteht sichere Bindung. Es wird dabei nicht nur das Kind „geboren“, sondern auch die Eltern. Diese Zeit wird im hebammenART® Betreuungsbogen als wichtige Betreuungszeit vollständig unterstützt. Alle Themen dieser Zeit werden begleitet und immer wird der Aspekt der sicheren Bindung durch hebammenART® miteinbezogen. Die eigene Bindungserfahrung der Mutter hat dabei großen Einfluss, aber auch Konflikte z.B. soziale Belastungen, Ambivalenzen.

Die gute Begleitung bereitet einen Boden, auf dem eine gute Bindungsarbeit heranwachsen kann.

Die Vorteile haben Wirkung auf das ganze Leben:

Unterschiedliche Bindungserfahrungen führen zu unterschiedlichem Verhalten gegenüber anderen – und als Folge davon – gegenüber der eigenen Person. Sie beeinflussen die Bereitschaft, andere in ernsten Belastungssituationen um Hilfe zu bitten oder selbst Hilfe zu leisten. Außerdem beeinflussen sie die Fähigkeit, Freundschaften und neue Beziehungen aufzubauen.

In der Schwangerschaft lernt die Mutter durch Tiefenentspannung und Wahrnehmungsübungen das innere Zwiegespräch mit dem Kind. Zwar gibt ein Ultraschall ein Bild von dem Kind, aber es ist nur eine Computeranimation. Wichtig ist die Kontaktaufnahme über die Hände und die Visualisierung. Sich vorzustellen, wie das Kind aussieht und welche Wesenszüge es trägt. Je besser die Bindung am Ende der Schwangerschaft ist, desto schneller und leichter wird die „Entbindung“ verlaufen.

Eine ungestörte Geburt, in der die persönliche Kraftentfaltung nicht durch unnötige klinische Interventionen gestört wird, setzt ein enormes Bindungspotential frei. hebammenART® legt bestimmte Standards fest, die während und nach der Geburt dafür sorgen, dass dieser Prozess geschützt und unterstützt wird.

Die Hormone spielen dabei eine wichtige Rolle.

Der Oxytocinspiegel ist in der ersten Stunde nach der Geburt ganz besonders hoch. Hautkontakt, Blickkontakt, Geruch, suchende Bewegungen und Lautäußerungen von Seiten der Mutter wie des Kindes wirken gegenseitig stimulierend. Geborgenheit und Glück wirken entspannend, schmerzstillend und fördern die Koordination.  Kinder, die in den fünf Tagen möglichst ununterbrochenen Hautkontakt haben (oder mindestens eine Stunde täglich) und später viel getragen werden, weinen erheblich weniger, sie nehmen besser an Gewicht zu, brauchen weniger Formula und haben stabilere Schlafmuster. (Shattnawi et al. (2019)) Jedes Trennungs- und Stresserleben beeinflusst die Entwicklung bestimmter Hirnregionen des Kindes negativ.

 

Auch nach einem Kaiserschnitt sollte auf ein gutes Bonding geachtet werden. Entweder wird direkt im OP ein Bonding-Tuch angelegt oder die Mutter wird nach dem Kaiserschnitt direkt intensiv beim Bonden unterstützt. Ein Familienzimmer nach Sectio sollte Standard sein, damit eine Unterstützung und Nähe beim Handling gewährleistet ist. (Crenshaw et al. (2019)) Früheres und längeres Bonding führt zu einem besseren subjektiven Erleben der Sectio und zu messbar niedrigeren Cortisol-Werten bei den Müttern.

Auch das Bonding nach Sectio mit den Vätern hat starke Auswirkung (Huang et al. (2019)). Die Männer sind weniger ängstlich, finden sich schnell in die Vaterrolle ein und zeigen weniger Depressionssymptome. Die Neugeborene zeigen ebenfalls deutliche Stabilisierungsunterstützungen: Herzfrequenz und Temperatur sind stabiler, Weinphasen kürzer, es kommt zu einem früheren Stillen.

 

Die mütterlichen Auswirkungen einer guten Bindung sind erforscht. 6 Wochen nach der Geburt zeigen die Mütter weniger Depressionssymptome, eine bessere Flexibilität im Leben mit dem Neugeborenen, die Stilldauer ist länger (das wiederum hat auch eine besonders stärkende Wirkung auf das Kind). Nach 1 Jahr ist der Umgang mit dem Kind sicherer, die Eltern kommunizieren mit ihrem Kind freundlich und stärken damit kontinuierlich sein EGO.

 

Auch die Bindungsauswirkungen auf das Neugeborene sind erforscht. Gut gebondete Kinder haben eine stabilere Körpertemperatur, einen stabilen Blutzuckerspiegel und können ihre Blutchemie schneller ausgleichen. Dazu kommt auch:

  • Vermindertes Schreien
  • Selteneres Auftreten von Atemproblemen
  • Besseres Saugverhalten beim ersten Stillen
  • Früheres und effektiveres Saugen
  • Längere Gesamtstilldauer
  • Häufigeres Stillen in den ersten 3 Monaten nach der Geburt

Was sind unterstützende Bedingungen nach der Geburt und in den ersten Wochen und Monaten für gute Bonding Voraussetzungen für Eltern und Kind?

Die erhöhte Sensibilität macht Eltern hoch wahrnehmungsfähig. Schutz ist eine wichtige Aufgabe im Wochenbett, um Empowerment zu erzielen.

Dabei  helfen:

Vertraute Menschen, eine warme, sichere Umgebung, soziale Geborgenheit, körperliche Nähe, Zeit für ein langsames Verstehen des Kindes, keine Erwartungen an das Kind, keine Erwartungen an die Vater-/Mutterrolle. Bedding-in, Babymassage, Massage der Mutter, gute Ernährung und Ruhezeiten, Besuchsregelungen, Tragen und Nacktbonding, Stillunterstützung, das Kind ist 24h bei den Eltern, Rooming in, Familienzimmer.

Bonding kann immer nachgeholt werden.